Hallo Welt!
Ich darf zugeben, dass auch ich jeden Tag wieder etwas Neues lernen darf. Manchmal sind es Belanglosigkeiten, die ich in mich aufnehme, ohne darüber ein weiteres Wort zu verlieren. Manchmal sind es aber auch Erkenntnisse, die mich treffen und mir eine neue Sichtweise ermöglichen. Über solch eine Erkenntnis möchte ich heute schreiben.
Darum beneidet uns Amerika
Wie bitte? Amerika beneidet uns?
Ich gehöre einer Generation an, die dadurch geprägt wurde, dass alles Gute aus Amerika kommt. Das waren zum einen die Deutsch-Amerikanischen-Freundschaftsfeste, die in den naheliegenden US Kasernen veranstaltet wurden. Zum anderen reichte die Bandbreite amerikanischer „goodys“ über Kaugummi und Taschenrechner von Texas Instruments, bis hin zu Rollerblades und Skateboards und die sich damals langsam ansiedelnden Fastfood-Restaurants mit dem gelben „M“ und der Krone. Von der allgegenwärtigen amerikanischen Filmindustrie ganz zu schweigen.
Und heute lese ich, dass uns Amerika beneidet. So schreibt es zumindest Gerhard Spörl in einer Kolumne mit dem gleichnamigen Titel.
Amerika ist ein Land in dem der Gewinner alles bekommt. „The winner takes all“- ist die Maxime. Und damit gibt der Gewinner auch alleinig die Richtung vor.
Unser deutsches Wahlsystem zwingt den Wahlsieger zu Koalitionen mit einem Partner. Dies dämmt die Gegensätze ein und wirkt einigermaßen besänftigend. Koalitionen zwingen die Koalitionspartner eine Balance, eine Mitte zu finden. So gibt eine Partei, bzw. ihre Vertreter nicht alleinig die Richtung vor.
Dazu bedarf es Koalitionsverhandlungen. Meist werden diese hinter verschlossenen Türen verhandelt. Informationen über den Verhandlungsstand gibt es daher nur in den Verhandlungspausen, von Teilnehmern, die sich durch die Presse zu einem Statement verleiten lassen. Nun nehmen wir an, das solch ein Ringen keinem sonntäglichen Kaffeekränzchen gleicht. Koalitionsverhandlungen dürfen selbstverständlich mit Härte geführt werden, und es darf auch die eine oder andere blutige Nase geben. Denn gegensätzliche Positionen sind wichtig und richtig, da das Leben bunt und vielfältig ist.
Aber im Ringen um ein tragbares Ergebnis verabschieden sich die Koalitionspartner nach und nach von ihren gegensätzlichsten Positionen hin zu einer gemeinsamen Mitte, die gerade so gespannt bleibt, dass sie nicht zerreißen kann.
Gesellschaftlich treffen diese Ergbnisse nicht immer die Mitte der Gesellschaft. So kann die Mitte durchaus mal mehr links oder mal mehr rechts von der tatsächlichen Mitte der Gesellschaft liegen. Dennoch ist bemerkenswert, dass das Ergebnis und damit die Richtung der politischen Weiterentwicklung sich nicht in Extremen verliert.
Dies bedeutet auch eine gewisse Kontinuität gesellschafts-politischer Entwicklung.
Im Ringen um die Balance können auch Familien etwas lernen.
Je nach Auffassung werden Familien heute eher autoritär oder aber demokratisch geführt. Auf das Für und Wider der beiden Familienmodelle möchte ich hier nicht weiter eingehen. Nur soviel: ich denke, die elterliche Aufgabe besteht darin, die Kinder auf ein Leben in unserer Gesellschaft vorzubereiten.
Doch wie in er Gesellschaft ist auch das familiäre Leben bunt und vielfältig und damit auch die Erwartungen und Ideen der einzelnen Familienmitglieder an die Familie. Jetzt machen natürlich Koalitionen innerhalb Familien keinen Sinn. Von einer Ausnahme abgesehen. Die „Eltern-Koalition“.
Die Koalition aus den beiden Elternteilen muss stark sein und es muss mit einer Stimme gesprochen werden. Wie schwierig alleine dies schon ist, ist jenen bekannt, die in solch einer Koalition leben.
Dennoch sollte das Grundprinzip demokratischer Meinungsbildung auch in Familien gelebt werden. Debatten dürfen auch hier hart geführt werden und es darf auch mal blutige Nasen geben. Aber bitte nur im übertragenen Sinn! Unter Beachtung demokratischer Regeln sollte die Familie dann zu einem verbindlichen Ergebnis kommen.
Gelingt dies, dann lernen die Kinder gesellschaftliche Prozesse im familiären Rahmen. Und nebenbei wird so das familiäre Leben bunter und vielfältiger.